Tag der Befreiung

Gehe heute über den Alex. Die betteln mich an. Der eine bezeichnet sich selbst sinngemäß als „vom Pech verfolgter Sympath“ und zieht sofort eine Fresse, als ich mich nicht zahlungsbereit zeige. Der andere sitzt traurig auf dem Boden. Andere verkaufen elektrische Enten, Traurigtierwurst, Mützen ehemaliger Befreier – auch traurig. Plötzlich schießt mir der Gedanke ganz klar ins Hirn: Warum die Leute der DDR hinterherweinen. Natürlich kann das so ein Westler nicht verstehen, der diesen traurigen Mist von Kindheit an jeden Tag nicht anders kennt. Aber „wir“, wir hatten das Gefühl, alle, alle auf der Straße und alle überall, arbeiten mit an etwas Gutem. Wir verkaufen nicht einfach nur irgendeinen Shit, um über die Runden zu kommen, sondern wir bauen alle mit jeder kleinen Aufgabe an einer Verbesserung für alle Menschen. Und wir halten irgendwie alle zusammen, wir sind nicht gegeneinander.

Das war natürlich Blödsinn. Totaler Fremd- und Selbstbetrug. Aber zumindest hab ich das als Kind ein bisschen gespürt. Obwohl ich wusste, dass Vieles schiefläuft.

Dieses wohlige Gefühl will mir nicht aus dem Kopf. Es ist wirklich traurig heutzutage.

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